Mehmet Ali Seyrek
Warum ausgerechnet Politik?
„Ich bin in Tunceli (Dêrsim) geboren. Meine Familie gehört der alevitisch-kurdischen Minderheit in der Türkei an. Sich wehren war allein dadurch für uns Alltag. Schon meine Eltern waren in ihrer Heimat als Sozialdemokraten aktiv – denn damit verbanden wir die Hoffnung, auf Gleichberechtigung. Ich selbst bin während meines Studiums in Bremen über meine Mitarbeit im Asta zur Politik gekommen. Meine Motivation dabei: Ich will mich dafür einsetzen, soziale Ungerechtigkeiten abzubauen.“
Ein wichtiger Punkt auf der politischen Habenseite?
„Man muss von seiner Arbeit leben können – das haben wir mit unserem bundesweit bislang einzigartigen Landesmindestlohngesetz noch einmal unterstrichen. Ein anderes Thema ist die Gleichbehandlung von Religionsgemeinschaften: Ich selber bin kein besonders gläubiger Mensch – aber ich verstehe die Bedeutung, die Religion für viele hat. Deswegen finde ich es richtig, dass wir uns auch in diesem Bereich für Gleichbehandlung stark machen. Dazu gehört, dass wir vergleichbar zum Staatsvertrag mit den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde auch mit Muslimen und weiteren Glaubensgemeinschaften wie etwa den Aleviten vertragliche Vereinbarungen treffen wollen.“
Und wo muss noch weiter gearbeitet werden?
„Viele Jugendliche und darunter viele mit Migrationshintergrund brechen ihre Schullaufbahn ohne Abschluss ab und haben dann auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen. Diese jungen Leute von der Straße zu holen und ihnen eine Perspektive zu bieten, ist mir ein großes Anliegen. Ein weiteres Thema ist die Integration: Die Menschen müssen miteinander reden. Nur das bietet die Chance auch voneinander zu lernen.”
Ein wichtiges Projekt dieser Wahlperiode?
„Wir müssen eine echte Willkommenskultur entwickeln – nicht nur für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland. Auch die Arbeit der Ausländerbehörde muss sich weiter verbessen, damit lange Wartezeiten vermieden werden. Darüber hinaus mache ich mich für den Erhalt unserer vier kommunalen Kliniken stark: Sie sind ein wichtiger Arbeitgeber und Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Jetzt gilt es daher, die Krankenhäuser fit für die Zukunft zu machen.“
… und nach dem politischen Feierabend?
„ … versuche ich mit meinen Mitteln zu helfen: Oft – und seit ich Abgeordneter bin, noch häufiger – kommen Nachbarn, Bekannte aus der alevitischen Community oder Migrantinnen und Migranten zu mir, und fragen, ob ich ihnen bei Behördengängen helfen kann. Das zeigt mir immer wieder, wie wichtig es ist, sich auch politisch für diese Menschen zu engagieren. Ansonsten spiele ich regelmäßig Fußball in einem Team, das sich schon während meines Studiums zusammengefunden hat, und versuche so oft wie möglich draußen in der Natur zu sein.“