Auf einen Blick

Bürgerschaft beschließt: Fußball-Verband soll sich an Kosten beteiligen

 

150 bis 200 Polizisten sind in der Regel bei Heimspielen von Werder Bremen im Einsatz. Sogenannte Hochrisikospiele, wie etwa Partien gegen den HSV oder Hannover 96 erfordern allerdings bis zu 1.000 Beamte, um gewalttätige Auseinandersetzungen und Krawalle unter den rivalisierenden Fangruppen zu verhindern. Auf Initiative der SPD-Fraktion wird Bremen als erstes Bundesland künftig die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen. Eine entsprechende Gesetzesänderung wurde von der Bremischen Bürgerschaft in ihrer Oktobersitzung beschlossen. Ein erster Gebührenbescheid wird nun nach dem nächsten Hochrisikospiel verschickt.

Als Vertreterin der Vereine und Organisatorin des Lizenzfußballs in Deutschland, erwirtschaftete die DFL zuletzt einen Umsatz von 2,6 Milliarden Euro. An den Kosten der Polizeieinsätze, die letztlich nötig sind, um diesen Milliardenumsatz zu erzielen, beteiligt sich der Ligaverband indes nicht. „Während die DFL Rekordeinnahmen zu verzeichnen hat, bleibt Bremen als hochverschuldetes Haushaltsnotlageland auf den Kosten für die Polizeieinsätze  sitzen“, erklärt der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Björn Tschöpe, dazu.

In der Saison 2012/2013 wurden 45.328 Einsatzstunden der Polizei zur Sicherung von Fußballspielen in Bremen benötigt. Besonders schlagen dabei die sogenannten Hochrisiko-Spiele zu Buche – circa 60 Prozent der Einsatzzeit ist in Bremen im Rahmen von Polizeieinsätzen anlässlich von vier Risikospielen angefallen. „Während bei einem Bundesligaspiel üblicherweise etwa 200 Beamte im Einsatz sind, steigen die Zahlen in diesen Fällen auf weit über 1000“, so Tschöpe. „Und mit der steigenden Zahl an benötigten Einsatzkräften, entstehen für die Stadt Mehrkosten von rund 300.000 Euro pro Partie.“ Viel Geld – insbesondere angesichts der angespannten Haushaltslage Bremens. „Deshalb wollen wir die DFL dazu verpflichten, speziell bei den Hochrisikospielen ihren Beitrag zu leisten.“

Bremer Vorstoß sorgte seit dem Sommer für viel Aufsehen

Auf Initiative der SPD-Fraktion verabschiedete der Senat bereits im Sommer ein entsprechenden Vorhaben. Es sieht eine Änderung der Gebührenordnung vor – was eine Einforderung jener Kosten ermöglichen würde, die im Rahmen von kommerziellen und im Vorfeld als risikobehaftetet eingestuften Großveranstaltungen entstehen.

Die Nachrichten über die Entscheidung des Bremer Senats schlugen im Juli und August bundesweit große Wellen und führten binnen kürzester Zeit zu Drohungen von Seiten des Präsidenten der DFL, sowie zu einer Verlegung des in Bremen geplanten Länderspiels gegen Gibraltar durch das Präsidium des DFB.
Tschöpe dazu im Sommer: „Bei allem Verständnis dafür, dass die DFB-Verantwortlichen mit der politischen Entscheidung Bremens nicht einverstanden sind: Die heutige Entscheidung des DFB wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis von mächtigen Unternehmen und Verbänden zum demokratischen Staat. Der Versuch, sich mit wirtschaftlicher Macht Gefolgschaft und Gefälligkeiten zu organisieren, wird in diesem Fall erfolglos bleiben. Gesellschaftliche Streitthemen werden in den Parlamenten entschieden und durch unabhängige Gerichte kontrolliert.“

Gleichzeitig erfuhr die SPD viel Zustimmung. So äußerte sich Bernhard Zentgraf, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen, positiv zum Bremer Vorhaben: „Bei kommerziellen Großveranstaltungen halten wir eine finanzielle Beteiligung grundsätzlich für richtig“, während der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, die Reaktionen von DFL und DFB verurteilte: „Das ist der ungeheuerliche Versuch, vor den Augen der Öffentlichkeit ein gewähltes Landesparlament zu erpressen. Darauf sollte die Politik geschlossen reagieren, wenn das nicht Schule machen soll. Es wird höchste Zeit, den Fußballverbänden zu demonstrieren, dass sie keine Nebendemokratie aufbauen können und die gewählten Volksvertreter auch in Bremen nicht in dieser Weise genötigt werden dürfen.„

Auch der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel machte in einem Kommentar (siehe links) deutlich: „Was derzeit die Bundesländer zahlen müssen, bringt dem DFL Kostenersparnisse und sichert die vollen Geldsäcke. Dieses ‚DFL-Modell‘ kann auch vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben.“

In der Öffentlichkeit stieß die Initiative von SPD-Fraktion und Senat ebenfalls auf weitgehend positive Resonanz. So äußerten bei einer Umfrage des Weser-Kuriers rund 63% der Befragten ihre Zustimmung, während fast 60% der Teilnehmer eines Votings auf Spiegel Online die Reaktion von DFL und DFB für überzogen hielten.