Auf einen Blick

Mitbestimmung Schutzschirm fürs Tafelsilber

Mal eben das Tafelsilber verkaufen, um kurzfristig Geld in die Haushaltskasse zu spülen? Das soll künftig nicht mehr möglich sein, ohne die eigentlichen Eigentümer nach ihrer Meinung zu fragen.

 

Auf Initiative der SPD soll in Bremen bundesweit erstmalig eine Privatisierungsschranke für öffentliche Unternehmen der Daseinsfürsorge in die Landesverfassung aufgenommen werden. Ziel dabei: „Wir wollen erreichen, dass in Bremen künftig keine Privatisierungen von Unternehmen wie der GEWOBA oder der BSAG mehr möglich sind, ohne dass die Bremerinnen und Bremer darüber selbst entschieden haben. Solche Unternehmen dienen dem Gemeinwohl der Stadt und dürfen nicht privaten Gewinninteressen ausgeliefert werden“, betont der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe.

Die Politik, räumt Tschöpe ein, habe lange gebraucht, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: „Wenn man heute vor der Entscheidung stünde die Stadtwerke zu privatisieren, würde sie anders aussehen als Ende der 90er Jahre. Im Gegenteil: Landauf landab wird heute bundesweit über das Thema Rekommunalisierung nachgedacht.“ Mit dem Bremer Vorstoß gehe es daher jetzt darum „unsere öffentlichen Unternehmen vor kurzsichtigen Veräußerungs-angriffen, wie sie etwa die CDU immer wieder betreibt, zu schützen“.

Denn in den Zeiten, als die Privatisierungswelle durch die ganze Bundesrepublik schwappte, sei zugunsten kurzfristiger Erlöse allzu oft vergessen worden, welche Rolle derartige Betriebe, im Gesellschaftsgefüge spielen. „Öffentliche Unternehmen sind in unserer Demokratie ein ganz entscheidendes Instrument zur politischen Gestaltung des Gemeinwesens. Ihr Verkauf ist ein folgenschwerer Eingriff, dessen Auswirkungen weit über die Dauer einer Legislaturperiode hinausreichen“, begründet der Fraktionsvorsitzende die Idee, die Bremerinnen und Bremer selbst über derartige Veräußerungen entscheiden zu lassen. So soll gewährleistet werden, dass beispielsweise die GEWOBA auch in Zukunft bezahlbare und qualitativ hochwertige Wohnungen bereitstellen kann, genauso wie die BSAG weiterhin einen guten und erschwinglichen ÖPNV anbieten soll. „Uns ist wichtig, dass die jeweiligen Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen zugänglich sind. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass die Bremerinnen und Bremer als eigentliche Eigentümer ihrer Unternehmen auch die Möglichkeit haben, über derart grundlegende Entscheidungen wie einen Verkauf abzustimmen“, betont Tschöpe und ergänzt: „Ich bin mir sicher: Die die Bremerinnen und Bremer wissen sehr wohl – und oft besser als manche auf kurzfristige Verbesserung der städtischen Einnahmen bedachte Politiker – was sie an ihren öffentlichen Unternehmen
haben“.

Gleichzeitig ist die Privatisierungsbremse auch ein Ausgleich für die Schuldenbremse: Denn nach den geltenden Regelungen der Schuldenbremse, dürften auch notwendige Zukunftsinvestitionen in die Daseinsvorsorge und Infrastruktur nur aus den Einnahmen der Länderfinanziert werden. „Der  Druck,  das Tafelsilber zu verschleudern wird dadurch wachsen. Deshabl ist Privatisierungsbremse auch ein Art Rückschlagventil und ein notwendiges Korrektiv zur Schuldenbremse“, so der Sozialdemokrat.

Ende August 2013 hat der Landtag, die entprechenden Regelungen nun auf Initiative der SPD-Fraktion in der in der Bremischen Landesverfassung
verankert.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Verfassungsbestimmung ist Bremen jetzt das erste Bundsland, das mit einer derartigen Privatisierungsbremse vorschnelle Verkäufe öffentlichen Eigentums deutlich erschwert. Dieses Alleinstellungsmerkmal dürfte allerdings bald Geschichte sein: So wird aktuell beispielsweise in Berlin bereits an einer Privatisierungsbremse nach Bremer
Vorbild gearbeitet.