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Bremen & Bremerhaven

Den 8. Mai angemessen würdigen

Am 8. Mai 2020 wird der Befreiung von der NS-Diktatur und der Beendigung des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren gedacht werden. Unvergessen sind die prägenden Worte von Bundespräsident Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestags im Deutschen Bundestag: „Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

Gerade in heutigen Zeiten des Aufstrebens nationalistischer und europafeindlicher Stimmen stellt das Gedenken an den 8. Mai 1945 ein wichtiges und notwendiges Zeichen für Friedenswillen, Völkerverständigung, Demokratie und Menschenrechte dar. Auch vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeug*innen der NS-Vergangenheit mehr berichten können werden, ist ein Gedenktag, der gesellschaftspolitische Diskussionen anzuregen vermag, von besonderer Bedeutung. Daher hat die Holocaust-Überlebende und Vorsitzende des deutschen Auschwitzkomitees, Esther Bejarano, in einem offenen Brief „an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“ am 26. Januar gefordert: „Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Wie viele andere aus den Konzentrationslagern wurde auch ich auf den Todesmarsch getrieben. Erst Anfang Mai wurden wir von amerikanischen und russischen Soldaten befreit. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit.“

Die antragstellenden Fraktionen schließen sich dieser Forderung an und hoffen, dass die nun angestoßene Debatte in einen bundesweit einheitlichen Feiertag münden wird. Um dem Ergebnis der bundesweiten Debatte nicht vorzugreifen, aber anlässlich des bevorstehenden 75. Jahrestags den 8. Mai in angemessener Weise zu würdigen soll der Tag der Befreiung vom Faschismus zunächst auch im Land Bremen zum gesetzlichen Gedenktag erklärt werden. Die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen haben ihre Feiertagsgesetze bereits entsprechend angepasst.

Der 8. Mai ist ein Tag der Erinnerung und Mahnung, für Frieden und Einheit in Europa einzutreten, und gleichzeitig ein Feiertag für die Demokratie und die damit verbundene Freiheit. Durch die Aufwertung zum staatlich anerkannten Gedenktag sind alle zivilgesellschaftlichen Akteure wie Vereine, Organisationen und Gewerkschaften sowie Schulen, andere öffentliche Einrichtungen, der Senat und nicht zuletzt auch die Bremische Bürgerschaft aufgerufen, ein vielseitiges Angebot des gemeinsamen Gedenkens, der Erinnerungskultur und des gesellschaftlichen Diskurses zu gestalten. Damit möglichst viele Menschen in Bremen und Bremerhaven an den Veranstaltungen, Festen und Diskussionen teilnehmen können, ist die Aufwertung zum staatlichen anerkannten Gedenktag mit einem gesetzlichen Anspruch verbunden, für den Besuch von Gedenkveranstaltungen von der Arbeit unbezahlt freigestellt zu werden, soweit keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen. Auch Schülerinnen und Schülern sollte, sofern diesem keine schulisch relevanten Gründe entgegenstehen, die Möglichkeit eingeräumt werden, an örtlichen Gedenkveranstaltungen teilzunehmen, die idealerweise eigens von der Schule initiiert und durchgeführt werden.

In diesem Jahr wird der 8. Mai erneut in der Europawoche liegen, die von der Europaministerkonferenz auf die Zeit vom 2. Mai bis 10. Mai festgelegt wurde. Dies bietet Anlass und Gelegenheit, den europäischen Friedensgedanken eine besondere Würdigung erfahren zu lassen. Darüber hinaus sollte die Bedeutung der Städtepartnerschaften Eingang in die Veranstaltungen finden, um die besondere Verantwortung Deutschlands anderen Nationen gegenüber zu betonen und auch insoweit eine angemessene Form des Erinnerns mit gleichzeitigem Blick in die Zukunft zu ermöglichen.

Dies wäre ganz im Sinne der Bitte, die Richard von Weizsäcker in seiner Rede am 8. Mai 1985 an die jungen Menschen richtete: „Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.“