Radikalisierung früh erkennen und reagieren
Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Radikalisierung beginnt früh und ist keine Sache für die sich allein Erwachsene anfällig zeigen. Das Werben von Anhängerinnen und Anhängern extremistischer Ideologien beginnt oft bei schulpflichtigen Jugendlichen und zeigt sich dort als besonders effektiv. Das gilt für das unterschwellige Werben für und von Terrorzellen oder auch für salafistische Rekrutierungen sowie für viele andere extremistische Bestrebungen.
Gerade Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 12 und 18 suchen Orientierung und sehnen sich nach einfachen Antworten auf oft komplizierte Fragen. Sie sind offen für das Neue im Sinne des vermeintlich guten und richtigen Wegs und sie suchen Anerkennung in der klar strukturierten Gruppe um ihre Position in der Subkultur zu finden. Leider haben bundesweit radikalisierte Jugendliche schon traurige Bekanntheit erlangt. Safia S. (16) aus Hannover, radikalisiert im Kindesalter, greift im Februar 2016 einen Bundespolizisten an und verletzt ihn schwer. „Bilal“, Konvertit aus Hamburg, gerät als 14-Jähriger in salafistische Kreise und schließt sich schließlich dem IS in Syrien an wo er verstirbt. Beate Zschäpe wird als Jugendliche Teil einer rechten Jugendclique, bevor sie zur rechtsextremistischen Terrorgruppe NSU zählte.
Wenn in Schulen einzelne Schülerinnen und Schüler auffallen, weil sie beginnen, sich zu radikalisieren, ist es erforderlich, dass schnelle Präventionsmaßnahmen ergriffen werden und die Sicherheitsbehörden darüber informiert werden. Daher ist § 63 Abs. 4a des Schulverwaltungsgesetzes hinsichtlich der Verpflichtung von Schulleitern, die Polizei zu informieren, dringend zu ergänzen. Darüber hinaus bedarf es auch der klaren Zuständigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz in puncto Deradikalisierung junger Menschen. Die Durchführung von Deradikalisierungsprogrammen kann dabei durch spezialisierte zivilgesellschaftliche Anbieter erfolgen. Die Vorhalteverpflichtung liegt jedoch beim Landesamt für Verfassungsschutz. In Anbetracht der beschriebenen Entwicklung, die sich einerseits als Jugendkultur und andererseits als staats- und demokratiegefährdend darstellt, ist das erforderlich.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Gesetz zur Zuständigkeit bei erkannter Radikalisierung junger Menschen
Vom…
Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:
Artikel 1
Änderung des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes
Dem § 63 Absatz 4a des Bremischen Schulverwaltungsgesetz vom 28. Juni 2005 (Brem.GBl. S. 280 ? 223-b-1), das zuletzt durch Geschäftsverteilung des Senats vom 2. August 2016 (Brem.GBl. S. 434) geändert worden ist, wird folgender Satz 3 angefügt:
„Satz 1 gilt auch für Kenntnis über Umstände, die einen Verdacht begründen können, dass eine Schülerin oder ein Schüler sich dahingehend radikalisiert, dass die Verwirklichung einer strafbaren Handlung nach § 89a StGB nicht ausgeschlossen werden kann.“
Artikel 2
Änderung des Bremischen Verfassungsschutzgesetzes
Das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen vom 28. Februar 2006 (Brem.GBl. 2006, 87), das zuletzt durch Gesetz vom 11. April 2017 (Brem.GBl. S. 157) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 1 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 3 wird das Wort „sowie“ durch ein Komma ersetzt.
b) In Nummer 4 wird der Punkt durch das Wort „sowie“ ersetzt.
c) Es wird folgende Nummer 5 angefügt:
„die subsidiäre Gewährleistung der Durchführung von intervenierenden Deradikalisierungsprogrammen für Jugendliche und junge Volljährige im Sinne des § 7 Absatz 1 Nummer 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch, die gefährdet sind, sich an Bestrebungen gemäß § 3 Absatz 1 zu beteiligen, soweit keine anderen Dienststellen des Landes oder der Stadtgemeinden im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben diesen Auftrag erfüllen.“
2. In § 33 werden nach der Angabe „§§“ die Wörter „1 Absatz 2 Nummer 5,“ eingefügt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Sükrü Senkal, Mustafa Güngör, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD
Björn Fecker, Dr. Maike Schaefer und Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN