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Bundesmittel für Schulen fair verteilen

Bildungserfolg hängt in Deutschland wesentlich vom sozialen und finanziellen Hintergrund des Elternhauses ab. Die PISA-Studie weist regelmäßig nach, dass es in kaum einem anderen OECD-Staat so wenig gelingt, Kinder aus armen Elternhäusern zu unterstützen und zu einem guten Schulabschluss zu führen, wie in Deutschland. Diese Tendenz tritt im Bundesland Bremen mit starker, verfestigter Armutslage besonders hervor.

Das Land Bremen hat sich daher entschieden, Schulen in schwierigen sozialen Lagen bei der Bewältigung der pädagogischen Herausforderungen besonders zu unterstützen. Bereits seit 2010 haben Schulen in benachteiligten Stadtteilen (je nach Sozialindex) kleinere Klassen.  Seit 2016 weist die Zuweisungsrichtlinie des Landes auch Förderstunden anhand des Sozialindex den beiden Kommunen des Landes zu. Mit dem Haushalt 2018 wurden Kitas und Schulen mit besonderen pädagogischen Herausforderungen erstmalig insgesamt etwa 10 Millionen Euro zusätzlich zugewiesen, diese Mittel wurden seit dem Haushalt 2020/21 verstetigt. Schulen mit hohem Sozialindex werden bei der Vergabe von Stellen für Schulsozialarbeit zuerst berücksichtigt. Zum Schuljahr 2022/23 sind außerdem Doppelbesetzungen mit pädagogischen Fachkräften an den Grundschulen mit dem höchsten Sozialindex gestartet.

Bei Finanzhilfen des Bundes, die den Bundesländern zur Unterstützung von Investitionen im Bildungsbereich gewährt werden, findet jedoch die soziale Lage in den Bundesländern oder Kommunen keine Berücksichtigung. In der Praxis hat sich durchgesetzt, dass Finanzhilfen des Bundes anhand des 1949 entwickelten Königsteiner Schlüssels den Ländern zugewiesen werden. Der Königsteiner Schlüssel wurde ursprünglich entwickelt, um die Lasten bei gemeinsamen Finanzierungsaufgaben der Länder zu regeln und berücksichtigt daher das Steueraufkommen sowie Bevölkerungszahlen in den Ländern, um große und steuerkräftige Länder bei gemeinsamer Finanzierung stärker zu beteiligen als kleinere und finanzschwächere Länder. Durch eine Anwendung des Schlüssels auch auf Finanzzuweisungen ergibt sich dann aber die paradoxe Folge, dass steuerstarke Länder besonders berücksichtigt werden, finanzschwache Länder mit hoher Armutslage aber weniger Geld zugewiesen bekommen. Damit ist der Königsteiner Schlüssel kein adäquates Mittel, um der in Deutschland besonders großen Herausforderung zu begegnen, Kinder aus benachteiligten Elternhäusern intensiver zu fördern.

Daher entzündet sich zunehmend Kritik an der Art und Weise, wie Finanzhilfen des Bundes an die Bundesländer für Investitionen im Schulbereich vergeben werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. fordert, dass zukünftig ein Sozialindex bei der Mittelzuweisung an Schulen eine Rolle spielen muss. Diese Forderung wird auch von gewerkschaftlichen Stimmen erhoben, die bereits konkrete alternative Finanzierungsmodelle zum Königsteiner Schlüssel vorschlagen, bei denen andere Kriterien als Steueraufkommen und Bevölkerungszahl herangezogen werden. Die Bildungssenator:innen der drei Stadtstaaten haben bereits angekündigt, sich bei den laufenden Bund-Länder-Verhandlungen zum „Startchancen-Programm“, das sozioökonomisch benachteiligten Kindern und Jugendlichen bessere Bildungschancen ermöglichen soll, dafür einzusetzen, dass die Mittel hier nicht nach dem Königsteiner-Schlüssel, sondern nach sozialindizierten Kriterien zu verteilen.

Dass alternative Möglichkeiten zur Aufteilung von Finanzhilfen des Bundes möglich sind, bestätigt ein Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. In diesem heißt es, dass der Verteilschlüssel lediglich sachlich und rational nachvollziehbar sein müsse und die Zustimmung von Bund und Ländern finden müsse. Ein Kriterium wie die Sozialstruktur wird ausdrücklich als mögliche Grundlage zur Verteilung genannt.

Vor dem Hintergrund einer seit Jahren klar belegten Bildungsbenachteiligung von Kindern aus armen Elternhäusern ist es dringend geboten, die Förderung von Schulen in benachteiligten Lagen in den Mittelpunkt zu stellen. Ungleiches muss ungleich behandelt werden, um der existierenden Ungerechtigkeit wirksam entgegenzutreten. Diese Aufgabe kann nicht allein den Bundesländern und Kommunen zufallen, auch der Bund muss zur Förderung von Chancengleichheit beitragen. Eine Veränderung des Verteilschlüssels für Finanzhilfen zur schulischen Infrastruktur anhand von sozialstrukturellen Merkmalen ist dabei eine Möglichkeit, wie der Bund bei dieser wesentlichen Aufgabe im Bildungssystem stützend wirken kann.