Dringlichkeitsantrag Land: Wissenschaft braucht mehr Transparenz
Dringlichkeitsantrag der Fraktionen Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der
Kooperationen zwischen Wissenschaft und Unternehmen sowie weiteren Institutio-nen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Bei den Kooperationen gibt es unter-schiedliche Kategorien. Zu unterscheiden sind im wesentlichen Forschungs- und Entwicklungsverträge, gemeinsame Institute und Stiftungsprofessuren; hinzu kom-men Nebentätigkeiten von Professorinnen und Professoren.
Diese Kooperationen haben zwei Seiten: Auf der einen Seite ist die Kooperation – auch wegen des Wissenstransfers – gewünscht. Auf der anderen Seite soll vermie-den werden, dass Unternehmen und andere Institutionen Einfluss auf Forschung und Lehre nehmen, die nach dem Grundgesetz frei sein sollen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können dem Verdacht, nicht erkenntnis-, sondern interessengeleitet zu forschen, durch größtmögliche Transparenz entgegenwirken. Deshalb dient Transparenz der Forschungsfreiheit.
Transparenz ist mittlerweile ein offenkundiges Gebot unserer Demokratie – und ein wesentlicher Bestandteil von Verantwortung von Wissenschaft gegenüber der Ge-sellschaft. Hochschulen sind öffentliche Einrichtungen und werden im Wesentlichen mit Steuergeld finanziert. Auch Drittmittelprojekte nutzen immer auch die mit öffentlichen Mitteln finanzierte Infrastruktur. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger fordern nachvollziehbare Informationen darüber ein, wer im Wissenschaftsbereich welche öffentlichen oder privaten Mittel für welche Forschungstätigkeiten erhält. Sie fordern es insbesondere dann, wenn die Forschung ethische Probleme oder einen militärischen Hintergrund vermuten lässt. Diesem Transparenzanliegen werden sich Hochschulen und Unternehmen nicht verschließen können. Auch Studierende müssen während ihres Studiums für mögliche Loyalitätskonflikte sensibilisiert werden. Ein Gutachten des Deutschen Bundestages erkennt das Transparenzinteresse der Allgemeinheit an und kommt zu dem Ergebnis, dass bei einer Veröffentlichungsverpflichtung von Kooperationsverträgen die Grundrechtsgüter Freiheit der Wissenschaft, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie Wettbewerbs- und Vertragsfreiheit zu beachten sind. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass diese Fragen in der Rechtsetzung der Länder und nicht auf Bundesebene geklärt werden sollte.
Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, im Entwurf der anstehenden No-velle des Bremischen Hochschulgesetzes sowie seiner Verordnungen zu berück-sichtigen,
1. dass für alle Drittmittelprojekte mindestens folgende Angaben in geeigneter Form der Allgemeinheit zugänglich sind: Projekttitel (Inhalt und Zielsetzung) Identität der Drittmittelgeber, Fördersumme und Laufzeit;
2. dass möglichst ab einer Summe von 5000 EUR eine weitgehende Veröffentli-chungspflicht der Drittmittelverträge gewährleistet wird unter Beachtung der For-schungs-, Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit und des Schutzes personengebun-dener Daten sowie des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses.
3. dass geprüft wird, inwieweit compliance-Regelungen im Rahmen von Good Governance (Guter Regierungsführung) aufgenommen werden können.
4. dass geprüft wird, wie Ergebnisse der Drittmittelforschung in absehbarer Zeit in Anlehnung an § 75 BremHG auch im open access veröffentlicht werden können
5. dass die Hochschulen ermutigt werden, „fachbezogene Ethik“ in geeigneter Form zum Bestandteil des Lehrangebots zu machen, um Studierende für Loyalitätskonflikte zu sensibilisieren.
Silvia Schön, Dr. Matthias Güldner
und Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Elias Tsartilidis, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD