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Fünfte EU-Antidiskriminierungsrichtlinie endlich beschließen

Am 2. Juli 2008 hat die EU-Kommission zum ersten Mal ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, KOM(2008) 426 endg., (sog. 5. Gleichstellungsrichtlinie) vorgelegt. Ziel des Entwurfs ist es, auch außerhalb des Bereichs „Beschäftigung und Beruf“ ein einheitliches Schutzniveau für Personen festzulegen, die Opfer von Diskriminierungen sind. Damit wird der sog. horizontale Ansatz auf europäischer Ebene verwirklicht, indem das Schutzniveau europaweit für alle Diskriminierungsmerkmale auf das Niveau der Antirassismus-Richtlinie aus dem Jahr 2000 (Richtlinie 2000/43/EG) angehoben werden soll. Nach den bisherigen Richtlinien gelten für die unterschiedlichen Merkmale unterschiedliche Schutzstandards. Gerade beim Kampf gegen Diskriminierung darf es aber keine Hierarchisierungen von Diskriminierungen geben. Unterschiedliche Schutzniveaus erschweren insbesondere den Rechtsweg bei Mehrfachdiskriminierungen.

Die Bundesregierung blockiert auf Betreiben der CDU leider seit 2008 alle Bemühungen anderer europäischen Staaten, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments den Kampf gegen Diskriminierung auf europäischer Ebene durch die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie zu verstärken. Zuletzt lehnte sie die Richtlinie im Oktober 2019 im EU-Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ erneut ab. Kritik daran äußern nicht nur Dutzende Nichtregierungsorganisationen und Verbände, sondern auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Sie alle fordern die Bundesregierung seit langem auf, ihr Veto gegen den europaweiten Diskriminierungsschutz aufzugeben.

Als gleichfalls essenzieller Schritt im Kampf gegen Diskriminierung ist die Einführung des Verbandsklagerechts in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu betrachten. Es ist unangemessen, von einzelnen Bürger*innen zu erwarten, dass sie individuell gegen ihre Arbeitgeber*innen, Behörden, große Unternehmen u.a. klagen. Auf der einen Seite ist dies mit erheblichen Kosten verbunden und auf der anderen erfordert es eine sehr große emotionale und organisatorische Anstrengung, die nicht alle leisten können. Dadurch ist das Dunkelfeld von nicht angezeigten Diskriminierungsfällen groß. Darüber hinaus gelten die zugunsten der Klagenden gefallenen Gerichtsurteile auch nur für sie und nicht für die Allgemeinheit oder konkrete Zielgruppen, die auf die gleiche Art und von der gleichen Beklagten benachteiligt werden. Diese Mängel des AGG wären durch das Verbandsklagerecht behoben.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

1.    sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Blockadehaltung gegenüber der 5. EU-Antidiskriminierungsrichtlinie aufgegeben und schnellstmöglich Wege gefunden werden, die europäischen Schutzstandards zu vereinheitlichen;

2.    eine Bundesratsinitiative anzustoßen, um das Verbandsklagerecht in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Antidiskriminierungsverbände aller Diskriminierungstatbestände und aller Lebensbereiche, Gewerkschaften und Vertretungen von Arbeitnehmer*innen und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bei allen Verstößen gegen das Gesetz einzuführen. Ferner sollen die derzeitigen Verfahrensfristen von nur zwei Monaten deutlich erweitert werden;

3.    dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, internationale Kontakte und Entwicklungszusammenarbeit binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung über die unternommenen Bemühungen zu berichten.