Landtag: Keine Privatisierung ohne Volksentscheid
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen
Vom
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:
Artikel 1
Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen
Die Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 (SaBremR 100–a–1), die zuletzt durch das Gesetz vom 31. August 2010 (Brem.GBl. S. 457) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
Folgender Absatz wird neu als Abs. 3 in Art 70 der Landesverfassung aufgenommen.
Eine Veräußerung von öffentlichen Unternehmen der Freien Hansestadt Bremen, die dem Gemeinwohl dadurch dienen, dass sie
a)
Verkehrsleistungen oder Leistungen der Abfall- oder Abwasserentsorgung, oder der Energie- oder Wasserversorgung für die Allgemeinheit erbringen oder
b)
wesentliche Beiträge zur wirtschaftlichen, verkehrlichen oder kulturellen Infrastruktur leisten oder
c)
geeignet sind, die Verwirklichung des Anspruchs aus Art. 14 Abs. 1 Landesverfassung zu fördern,
setzt einen zustimmenden Volksentscheid voraus.
Dasselbe gilt für öffentliche Unternehmen nach Satz 1 bei der Veräußerung von Anteilen, auch verbundener Unternehmen, sofern diese mehr als unwesentlichen Einfluss auf die Erbringung der Leistung des Unternehmens ausüben können.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung
Unternehmen mit öffentlichem Charakter zeichnet aus, dass sie dem Gemeinwohl der Stadt dienen und nicht privaten Gewinninteressen. Dazu gehört auch ganz wesentlich, dass ihre Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen zugänglich sind. Für sozialrechtliche Leistungen werden der Zugang und die Trägerstruktur abschließend durch die Kodifikationen im Sozialgesetzbuch geregelt.
Anders stellt sich dieses bei der öffentlichen Daseinsvorsorge, bei der wirtschaftlichen, verkehrlichen und kulturellen Infrastruktur und bei der Versorgung mit Wohnraum dar. Der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu entsprechenden Leistungen hängt hier entscheidend vom Interesse der Eigentümerinnen und Eigentümer ab.
Öffentliche Unternehmen sind daher in einer modernen Demokratie ein wesentliches Instrument zur politischen Gestaltung des Gemeinwesens. Die Veräußerung von Anteilen der öffentlichen Unternehmen ist daher ein sehr weitreichender und folgenschwerer Eingriff in die politischen Handlungsmöglichkeiten, dessen Auswirkungen weit über die Dauer einer Legislaturperiode hinausreichen. Die Bürgerinnen und Bürger Bremens als ideelle politische Eigentümerinnen und Eigentümer ihrer Unternehmen sollen die Möglichkeit erhalten, über diese Entscheidungen selbst abzustimmen.
Björn Tschöpe und Fraktion der SPD
Marie Hoppe, Dr. Hermann Kuhn, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN