Landtag: Wissenschaftsfinanzierung zwischen Bund und Ländern neu ordnen


BREMISCHE BÜRGERSCHAFT Drs. 18/814
Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der SPD

Bremen und Bremerhaven haben eine starke und leistungsfähige Wissenschaftslandschaft. Fünf öffentliche und drei private Hochschulen sowie acht überregionale und regionale Forschungsinstitute leisten einen erheblichen Anteil an akademischer Ausbildung sowie internationaler, nationaler und regionaler Forschung. Darüber hinaus sind sie existentiell bedeutsam für die wirtschaftliche Standortentwicklung, für den Erhalt und die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze, für kulturelle Vielfalt und letztendlich die Stadtentwicklung in Bremen und Bremerhaven.

Die Hochschulen und Forschungsinstitute, aber auch das Bundesland Bremen sind sehr erfolgreich im Einwerben von Drittmitteln. Auch das zeigt die hohe wissenschaftliche Qualität. Etwa fünfzig Prozent unserer Wissenschaftsausgaben stammen aus Mitteln des Bundes, der anderen Bundesländer und der Europäischen Union. Zu nennen sind zum Beispiel die Exzellenzinitiative, der Pakt für Forschung und Innovation oder die Bundesmittel für unsere überregionalen Forschungsinstitute. Diese Programme müssen aus Mitteln des Landes Bremen kofinanziert werden. Gleichzeitig sind die Grundfinanzierung und die Finanzierung von Studium und Lehre nach der Föderalismusreform allein Ländersache und damit eine immer schwerer zu lösende Aufgabe – gerade vor dem Hintergrund stark anwachsender Studierendenzahlen und wachsender Studierneigung. Obwohl diese Studienentwicklung gewünscht ist, stellt sie Bremen, wie auch andere Bundesländer, vor immer größere Herausforderungen in der Grundfinanzierung sowie in den Möglichkeiten, dem wissenschaftlichen Nachwuchs verlässliche Perspektiven zu geben. Damit ist die Balance zwischen Drittmittelquote und dem Anteil der Grundfinanzierungsmittel zunehmend gestört.

Es ist daher dringend nötig, über eine Neuordnung der Wissenschaftsfinanzierung zwischen Bund und Ländern nachzudenken. Der Bund hat sich in der Lissabon-Strategie verpflichtet, bis 2010 gesamtstaatlich drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufzuwenden; davon ist Deutschland noch 0,2 Prozent entfernt. Das entspricht knapp 5 Milliarden Euro. Die Bundesregierung strebt jetzt dieses Ziel für 2015 an, aber auch dafür sind noch erhebliche Anstrengungen erforderlich. Für eine Stärkung des Wissenschaftssystems in Deutschland wäre es sinnvoll, wenn der Bund vor dem Hintergrund der Föderalismusreform mehr Verantwortung bei der Forschungsfinanzierung übernimmt und dadurch die Länder entlastet und sich die Länder im Gegenzug verpflichten, die eingesparten Mittel für die Grundfinanzierung einzusetzen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Welche finanziellen Mittel erhielt das Land Bremen vom Bund und den anderen Bundesländern für die Unterstützung der überregionalen Forschungsinstitute in den letzten drei Jahren (bitte getrennt aufführen nach Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V. [HGF], Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft e. V. [MPG], Frauenhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. [FhG], Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz e. V. [WGL])?

2. In welcher Höhe war das Land Bremen verpflichtet, diese Forschungsinstitute in den letzten drei Jahren zu kofinanzieren (bitte getrennt aufführen nach HGF, MPG, FhG, WGL)?

3. Nach welchem Finanzierungsschlüssel werden die Kosten dieser Forschungsinstitute zwischen Bund und Ländern geteilt?

4. In welcher Größenordnung ist das Bundesland Bremen über seinen Länderanteil an der Finanzierung der überregionalen Forschungsinstitute beteiligt (bitte für die letzen drei Jahre aufführen)?

5. In welcher Größenordnung würde sich für das Land Bremen eine Entlastung ergeben, wenn bei der MPG der Finanzierungsschlüssel auf 70:30 zu Lasten des Bundes geändert würde und die Verteilung zwischen Sitzland und allen anderen Bundesländern gleich bliebe?

6. In welcher Größenordnung würde sich für das Land Bremen eine Entlastung ergeben, wenn bei der WGL der Finanzierungsschlüssel auf 70:30 zu Lasten des Bundes geändert würde und die Verteilung zwischen Sitzland und allen anderen Ländern gleich bliebe? Welche zusätzliche Entlastung würde sich ergeben, wenn bei Forschungsmuseen und Einrichtungen, die in erheblichem Umfang wissenschaftliche Infrastrukturmaßnahmen wahrnehmen, der Schlüssel auf 90:10 zu Lasten des Bundes geändert würde?

7. Welche finanziellen Mittel haben die Hochschulen im Land Bremen über die Programmpauschale (zwanzig Prozent) der Projektkosten aus DFG-Mitteln (2. Säule Hochschulpakt) erhalten (bitte für die letzten drei Jahre aufführen)?

8. In welcher Größenordnung könnten die Hochschulen im Land Bremen entlastet werden, wenn sich diese Programmpauschalen sukzessive ab 2014 jährlich um fünf Prozent erhöhen, bis eine Programmpauschale von fünfzig Prozent im Jahr 2019 erreicht ist?

9. Welche finanziellen Mittel haben die Hochschulen im Land Bremen über die Projektpauschalen der Drittmittelprojekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erhalten (bitte für die letzten drei Jahre aufführen)? In welcher Größenordnung könnten die Hochschulen entlastet werden, wenn diese Projektpauschalen auf dreißig Prozent erhöht würden?

10.Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wurde mit der Föderalismusreform 2006 abgeschafft, die Mittel blieben jedoch mit einer Zweckbindung bis 2013 erhalten. Inwieweit wird der Senat die dem Land Bremen zustehenden Mittel auch nach 2013 dem Hochschulbau zur Verfügung stellen? Inwieweit macht sich der Senat den Beschluss der Kultusministerkonferenz, die Hochschulbaumittel auf 900 Millionen Euro jährlich aufzustocken, zu eigen? In welcher Größenordnung würden die Hochschulen im Land Bremen davon profitieren?

11.Welche finanziellen Mittel hat das Land Bremen für den Pakt für Forschung und Innovation in den Jahren 2010-2012 aufgebracht und welche finanziellen Mittel muss es für die Jahre 2013-2015 aufbringen?

12.Der Pakt für Forschung und Innovation läuft im Jahr 2015 aus. Inwieweit hält der Senat es für sinnvoll, den Pakt für Forschung und Innovation weiterzuführen, unter der Maßgabe, den fünfprozentigen Aufwuchs in der Forschungsförderung wieder auf drei Prozent rückzuführen? In welcher Größenordnung würde das den Haushalt zugunsten der Grundfinanzierung entlasten?

13.Welche Maßnahmen hat der Senat – u.a. auf der Grundlage des von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossenen Antrags „Hochschulpakt bedarfsgerecht weiterentwickeln – bundesweites Hochschulzulassungsverfahren endlich einführen!“ (Drs. 18/150) – auf Bundesebene ergriffen, um den steigenden Studierendenzahlen gerecht zu werden und den Hochschulen mehr Planungssicherheit zu verschaffen?

Silvia Schön, Dr. Hermann Kuhn, Dr. Maike Schaefer, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Elias Tsartilidis, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD

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